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EU-Abholzungsgesetz: Brüssel schlägt Ausnahme für zahlreiche Unternehmen vor
Im Streit um ein Gesetz gegen Abholzung will die EU-Kommission zahlreiche Unternehmen aus der Verantwortung nehmen. Brüssel schlug am Dienstag eine Gesetzesänderung vor, nach der nur der erste Importeur auf den EU-Markt Angaben zur Herkunft von Produkten wie Kakao- oder Kaffeebohnen machen müsste. Ein bereits angekündigter Aufschub der Regeln soll jedoch nur für kleine Firmen gelten.
Das EU-Gesetz für entwaldungsfreie Lieferketten verbietet den Verkauf von Produkten, deren Anbaugebiete nach 2020 abgeholzt wurden. Neben Kaffee, Kakao und Palmöl gilt dies auch für Soja, Kautschuk und Rindfleisch. Unternehmen sollen die Einhaltung mit Hilfe von satellitengestützten Ortsdaten in den Anbauländern sicherstellen und an Brüssel berichten.
Die Vorschriften greifen derzeit noch nicht, stehen aber seit Monaten in der Kritik. Waldbesitzer und Unternehmen der Lebensmittelindustrie befürchten einen zu hohen Verwaltungsaufwand. International hagelte es Beschwerden von Handelspartnern der EU, darunter Brasilien und Indonesien, weil die Anforderungen aus Brüssel am Ende bei den Bauern vor Ort liegen.
Auf Druck der Handelspartner und der EU-Länder selbst war das Gesetz schon einmal aufgeschoben worden, neuer Stichtag ist der 30. Dezember dieses Jahres. Roswall schlug nun vor, die Frist für kleine Firmen mit weniger als 50 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von bis zu zehn Millionen Euro um ein weiteres Jahr zu verschieben. Alle anderen Unternehmen sollen eine Übergangsfrist bis Mitte des kommenden Jahres bekommen, in denen keine Strafen fällig würden.
Mit den vorgeschlagenen Änderungen beträfen die Vorschriften insgesamt deutlich weniger Unternehmen. Bislang sieht das Gesetz eine Dokumentationspflicht für die gesamte Lieferkette vor. Verkauft ein Supermarkt Schokoladenkekse, müsste er in Brüssel also Angaben zur Herkunft der Zutaten machen - egal, ob die Keksfabrik oder der Kakaoimporteur die Informationen schon geliefert hat. Dies will Roswall nun ändern.
Außerdem will sie kleinen Firmen die Umsetzung erleichtern. Anstatt jedes Produkt zu dokumentieren, sollen sie sich nur einmal registrieren müssen. Wenn ein kleines Unternehmen schon in einer nationalen Datenbank eines EU-Mitgliedslands ist, muss es sich nicht noch einmal bei der EU-Kommission anmelden. Damit will Brüssel vor allem Waldbesitzern in der EU entgegenkommen - mehr als 95 Prozent von ihnen könnten nach Einschätzung eines Kommissionsbeamten von der Änderung profitieren.
Die Änderungen gehen nun in die Verhandlungen im Europaparlament und zwischen den 27 EU-Regierungen. Beide Seiten können weitere Änderungen einbringen. Eine Reihe von EU-Ländern sowie die Europäische Volkspartei (EVP), die größte Fraktion im Europaparlament, fordern seit langem Ausnahmen für ganze Länder. Sie wollen eine sogenannte Nullrisiko-Kategorie für Staaten einführen, aus denen keine Ortsdaten verlangt werden - darunter alle EU-Länder.
Bislang ist unklar, ob eine solche Ausnahme mit den Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) konform wäre. Das Gesetz sieht in seiner aktuellen Form bereits drei verschiedene Risiko-Kategorien vor. Alle EU-Länder werden einem niedrigen Risiko zugeordnet, Unternehmen müssen also weniger Informationen an die Kommission liefern. In der höchsten Kategorie befinden sich derzeit nur Nordkorea, Russland, Belarus und Myanmar, für die ohnehin Handelssanktionen gelten.
Die Zeit für die Verhandlungen wird knapp: Bis zum Stichtag Ende Dezember soll die endgültige Version des Gesetzes stehen, das die Unternehmen anwenden sollen.
S.Gregor--AMWN